Selbsterfahrung ausserhalb der Komfortzone - Kiel
Menschen
wie Reinhold Messner oder andere Outdooraktivisten tun
dies auf ihre Weise, sie verlassen ihre Komfortzone gehen neue
Wege und machen neue Erfahrungen. Alleine in der Wildnis oder
Natur zu sein beinhaltet auch immer eine intensive
Auseinandersetzung mit sich, der Natur ausgesetzt zu sein, fordert
einen auch in seinen Grundängsten heraus und und zeigt die eigenen
Schwächen auf. Auch Menschen, welche unfreiwillig z.B. durch einen
Flugzeugabsturz oder ähnliches in die wilde Natur geraten sind,
sich durchschlagen mussten berichten wie die intensiven
Erfahrungen dort ihrem Blick auch nach ihrer Rückkehr sehr
verändert und oft auch wesentlich geweitet haben. Wir lernen und
entwickeln uns meist nur weiter, wenn wir unsere Komfortzone
verlassen und dadurch herausgefordert sind. Das Verlassen der
Komfortzone ist nicht angenehm und kann dies auch garnicht sein
und dennoch ist es oft notwendig. Eine neue, ungewohnte Situation
bewältigt zu haben, bestärkt unser Selbstbewusstsein und
hinterläßt ein befriedigendes Gefühl.
Dieses
Grundprinzip menschlicher Entwicklung findet auch in der
Primärtherapie seine Anwendung. In der Einzeltherapie
z.B. gilt in der Intensivphase die "relative Isolation". Dies
beinhaltet eine Kontaktsperre nach Aussen und den Verzicht auf
Ablenkungen und individuelle Abwehrstrategien. Die Klienten
verzichten auf Kontakt, Lesen, Fernsehen, Internet, Musikhören,
Drogen (Zigaretten, Alkohol), Sex. Sie sind in dieser Isolation
(natürlich ausgenommen der stattfindenden Sitzungen) auf sich
selbst zurück geworfen, damit zumeist auf eine intensive Weise
"gezwungen" sich mit sich auseinander zu setzen, im gewissen Sinne
ähnlich einem der in der wilden Natur gestrandet ist. Dieses
Verlassen der Komfortzone im Zusammenhang mit den Sitzungen führt
die Teilnehmer in Kontakt mit sich selbst, auf einer Gefühlsebene,
welche im Alltag (zumindest am Anfang der Therapie) schwerlich
erreicht wird. Es ermöglicht über das Erleben auch von verdrängten
/ nicht-gefühlten-Gefühlen sehr heilsame emotionale Erfahrungen.
Ein Klient muss aber bereit sein, sich diesem Verlassen der
Komfortzone aus zu setzen und sich an die Regeln der "relativen
Isolation" zu halten sonst geht es nicht weiter voran.
In
einer Therapie, in welcher "Wohlfühlen", aus Sicht der
Primärtherapie auch als "Wohlfühltherapie" bezeichneten
Therapieformen, einen zu hohen Stellenwert einnimmt ist die Folge
oft Stillstand. Es kann nicht darum gehen immer mit allen Mitteln,
anzustreben dass der Klient sich dauernd angenommen fühlt, wenn
vielleicht das Nicht-Angenommen-Worden sein oder nicht genug
Beachtung bekommen zu haben doch ein tiefes Grundgefühl ist,
welches ihm/ihr im (täglichem) Leben auch dauernd begegnet.
Vielleicht wird in einem solchen Wohlfühl-Therapiesetting (welches
scheinbar so liebevoll ist), dass aus der Kindheit mitgebrachte
Nachholbedürfnis (nicht-gefühltes-Gefühl) nach Aufmerksamkeit und
Zuwendung kurzzeitig befriedigt (im Sinne einer Abreaktion), es
wird aber nicht der hinter dem Bedürfnis stehende Schmerz
verarbeitet, dass Gegenteil findet statt. Dieser Schmerz und seine
Geschichte wird oft unbewusst gehalten. Die Verarbeitung des
eigentlich aus der Kindheit rührenden Schmerzes ist aber notwendig
um negative Grundmuster wirklich zu lösen und davon frei zu
werden. Dies löst von dem Zwang, dauernd in der Gegenwart seine
Vergangenheit nachholen zu wollen / müssen. Ein Ziel, welches
viele Menschen oft dauerhaft unbewusst verfolgen. In der
Primärtherapie wird daher nicht der Versuch unternommen dem
Klienten immer wieder sein altes Bedürfnis "zu befriedigen", es
wird und muss in Kauf genommen werden, dass der Klient den
Wohlfühlbereich auch verlässt. Dann treten Spannungen auf,
vielleicht fühlt sich der Klient / die Klientin abgelehnt,
allein-gelassen, nicht-beachtet und wird wütend darüber manchmal
offen was besser ist oder heimlich innerlich. Er/Sie stellt
Ansprüche und meint zu wissen wie es in der Therapie zu laufen
habe und wähnt sich objektiv. Der Klient / die Klientin kämpft
seinen/ ihren "Alten Kampf" um etwas zu bekommen was er / sie nie
bekommen hatte. Dieses Heraustreten oder auch Hinausgeworfen sein
aus der Komfortzone ist oft notwendig, damit der eigentliche
Schmerz einer bewussten Verarbeitung zugänglich wird. Gerade
Anfänger in der Therapie tun sich mit diesem Vorgehen oft schwer,
sie meinen es fehle die Wertschätzung oder ähnliches in der
Therapie. Dies ist aber nicht so. Die Wertschätzung liegt schon im
feinfühligem Gegenhalten und achten auf den Klienten. Ein Teil
davon ist auch ihn durch die Unwegsamkeit im Zusammenhang mit
seiner eigenen Gefühlsabwehr zu begleiten. Dies beinhaltet aber
gerade nicht seinen alten/kindlichen Bedürfnissen naiv
nachzukommen und zu befriedigen und das "alte Spiel" (oder Muster)
dauerhaft mitzuspielen. Viele Klienten fühlen sich daher immer
wenn sie eine solche Spannungsphase überstanden haben in der
Primärtherapie, irgendwann zum ersten Mal richtig gesehen, in
ihrem Wesen, und in ihrem Leid, wenn die eigentlich entscheidende
Ebene der Gefühle zu Bewusstsein kommen.
Wenn
uns bewusst ist, das es in einer Therapie zu einem guten Teil
darum gehen muss, nicht-gefühlte-Gefühle (also abgewehrte
Gefühle) und unverarbeitete schmerzhafte Erfahrungen zu
verarbeiten. Sollte einem klar sein, dass Therapie
zumindest zeitweise keine angenehme Sache ist und durchgestanden
werden muss. Jahrelang verdrängter Schmerz löst sich nicht eben in
"Wohlgefallen" auf. Auch wenn ein Primärerlebniss, das Fühlen ohne
Gegenwehr, der einstmals verdrängten Gefühle, zu den befreiendsten
Erfahrungen gehört die ein Mensch machen kann, ist der Weg dahin
oft von Spannungen geprägt. Letztlich geht es darum einen Schmerz
auf sich zu nehmen, um ihnen zu verarbeiten, dass ist zunächst
nicht gleich angenehm. Folglich brauchen die Teilnehmer der
Primärtherapie ein gewisses Verständnis für die Therapie und auch
eine gewisse Disziplin,eEinhaltung der Therapievereinbarung - auch
bei auftretenden Missstimmungen / Wut etc. Es gilt, sich nicht bei
den ersten Unannehmlichkeiten und schwierigen Wegpassagen in die
Flucht schlagen zu lassen. Bei dem Gang in der Wüste heißt es auch
weiter gehen bis zur Oase sonst verliert man sich.
Eine
besondere Herausforderung und ein Verlassen der Komfortzone stellt
für viele Teilnehmer den Übergang aus der Einzeltherapie in die
Gruppentherapie (Kursprogramm) dar. Plötzlich sind viele andere
Teilnehmer da, war die Einzeltherapie schon eine Herausforderung
ist man hier noch einmal auf ganz andere Weise gefordert. Viele
zunächst fremde Teilnehmer sind dort anwesend. Diese Teilnehmer
verfügen teilweise über erheblich mehr Therapieerfahrungen. Es
wird oft auch Klartext gesprochen, Dinge berühren einen,
Unsicherheiten tauchen auf, "wie finde ich mich hier ein, wie
läuft das hier". Wieder ist man einer Situation ausgesetzt, die
man so nicht kannte, wieder ist die Komfortzone verlassen.
In der Übergangsphase es ist wichtig, dass die Klienten mit Hilfe der Gruppe mitbekommen, dass ihre Gefühle nicht die Realität an sich sind, sondern das sie oft ihre bis dahin verdrängten kindlichen Gefühle und Muster in die Gruppensituation projezieren. Auch hier gilt durch die auftauchenden Gefühle durchzugehen und nicht wegzulaufen. Teilnehmer mit mehr Erfahrung sind sich diesem Mechanismus (der Projektion) oft mehr bewusst und nutzen oft auf spielerische Weise den Raum der Gruppe für ihr Fortkommen und genießen den sicheren Rahmen, den die Gruppe bietet.
Sport und Outdoorerfahrungen in der Therapie. Die Primärtherapie versteht sich als ganzheitliche Therapie, dass heißt, das neben der geistig , seelischen Gesundheit auch die körperliche Ebene in unterschiedlichen Facetten Beachtung findet. Sport bei jedem Wetter gehört daher mit zum Programm auch Outdoorwanderung durch unwegsames Gelände gehören dazu (Gruppe / Kursprogramm). Auch hier verlassen viele Teilnehmer zeitweise ihre Komfortzone wodurch auch wieder positive Entwicklung angestoßen werden können.